Bemerkenswerte Ausstellung "Perspektiven" bei der VGW

Klassisch, leise, provokativ und pfiffig


VON HELMUT BREDL

Eine für Eckhart Dietz geradezu "klassische" Skulptur. Foto: edk

Am Anfang der "Perspektiven" der VGW (Vereinigte Gmünder Wohnungsbaugesellschaft) in Schwäbisch Gmünd stehen Jakob Wilhelm Fehrle und Fritz Nuss. Die beiden Künstler haben über eine lange Zeitspanne die Bildhauerei in Schwäbisch Gmünd repräsentiert. Mit Arbeiten aus den Jahren 1963 und 1956 sind sie hier vertreten. Fehrles Werk darf als Huldigung an die Schönheit der Frau verstanden werden. Die nackte weibliche Figur ist das zentrale Thema seines Schaffens. 

Fritz Nuss (1907-1999) war bis 1972 an der Staatlichen Höheren Fachschule tätig. Sein Werk trägt seine unverkennbare Handschrift in der Darstellung der menschlichen Figur.

Die Ausstellung in den VGW-Räumen in der Hinteren Schmiedgasse in Schwäbisch Gmünd wird präsentiert in Kooperation mit dem Projekt "Wege zur Kunst - Skulpturen in Straßdorf".

Die nächste Generation

Nach Fehrle und Nuss folgt die nächste Generation: Josef Baumhauer, Eckhart Dietz und Max Seitz. Auch sie haben sich der menschlichen Figur verschrieben. Sie zeigen Werke, die in der Fortführung der Klassischen Moderne ausgeprägt eigne Handschriften aufweisen.

Max Seitz (*1927 in Schwäbisch Gmünd) wird in einem seiner Kataloge als "ungestümer Urschwabe" und "alemannischer Homo Faber" bezeichnet. Sepp Baumhauer (*1930) lebt und arbeitet ebenfalls in Schwäbisch Gmünd. Den Bildhauer und Plastiker beschäftigt in erster Linie die menschliche Figur, genauer, der weibliche Akt. Religiöse Auftragskunst macht einen wesentlichen Teil seines Schaffens aus.

Von Eckhart Dietz kennt man die Metallfiguren, die in Edelstahl oder Aluminium gegossen sind - Figuren, die in ihrer dynamischen plastischen Formensprache fast die Schwere des Materials vergessen lassen. Große Werkzyklen zeichnen sein Werk aus: bei der VGW sieht man die Tanzende, die zu dem seit 2001 bearbeiteten Thema "Zwischen Flucht und Tanz" gehört.

Als singuläre Position ist in dieser Ausstellung Walter Giers mit seiner elektronischen Kunst vertreten, mit der er sich weit über die Grenzen Gmünds hinaus einen Namen geschaffen hat. - Weniger formale, sondern "lebensweltliche" Inhalte schaffen eine Verbindung zwischen den Werken von Alfred Bast, Christiane Raschke und Michael Turzer. Bei den roten Wandzeichen (Bast), den großen Terrakottafiguren (Raschke) und dem Steinboot (Turzer) handelt es sich um stille, leise Arbeiten, meist mit symbolischen Bezügen.

Andre Lemke, Thomas Raschke, Irene Sauter und Daniel Wagenblast, Jahrgang 1961 bis 1970, sind in Schwäbisch Gmünd geboren beziehungsweise aufgewachsen und hier in ihrer Entscheidung für die künstlerische Laufbahn entscheidend beeinflusst worden.

Heute arbeiten sie vorwiegend im nationalen und internationalen Umfeld. Ihre Werke zeigen ein Panorama der jungen zeitgenössischen Szene von der farbigen Holzbildhauerei über die Objekt- bis zur Aktions- und Videokunst.

Thomas Raschke hat eine "Beobachtungsmaschine" ausgestellt. Sie ist in der dem Künstler eigenen Art in Wellpappe realisiert worden.

Daniel Wagenblast ist Absolvent der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Er zählt zu den vielversprechenden jungen Malerbildhauern in Deutschland.

Aus der Konsumgesellschaft

Andre-Philip Lemke bedient sich mit Vorliebe Relikten aus der Konsumgesellschaft, die diese längst als Abfall deklariert hat. Er studierte freie Kunst in Münster, London und Paris. Er lebt vorwiegend | in Köln. (Installation "Ich bin zutiefst von | mir enttäuscht", 2004).

Irene Sauter war mit den bei der VGW . ausgestellten Bucheditionen im Jahr 2002, auf der Dokumenta in Kassel vertreten.

Die Ausstellung bei der VGW kann man bis zum 3. Dezember besuchen. Sie ist geöffnet von Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr, montags bis mittwochs von 13 bis 17 Uhr und am Donnerstag von 13 bis 18 Uhr. Die Ausstellung dokumentiert nicht nur das kulturelle Engagement des städtischen Wohnungsbauträgers. Sie belegt auch nahezu durchgängig, dass Gmünder Kunst ein sehr hohes Niveau erreichen kann. Wir werden die Künstler und ihre Objekte noch einzeln vorstellen.

Quelle: Remszeitung 5.11.2004 - www.rems-zeitung.de

Website von Eckhart Dietz